Sonnabend, 09. September 2000
            
            
 
            Das Frühstück bekommen wir heute am 
            Strand auf der Terrasse serviert. Es weht eine angenehme Brise vom 
            Meer, welche die Hitze erträglich macht. Anschließend packen 
            wir unser Gepäck zusammen und besichtigen das noch in der Anlage 
            liegende Kolonialmuseum. Der Besitzer hat hier eine Menge an historischen 
            Material zusammengetragen und mit einen kundigen Führer wie unserem 
            Mauricio ist es ein Erlebnis. Rund um das Haus sind einige landwirtschaftliche 
            Geräte aus den vergangenen Jahrhunderten aufgestellt, die einen 
            Eindruck von der schweren Arbeit der Sklaven auf den Zuckerrohrplantagen 
            vermitteln. 
            Dann steigen wir wieder in unseren Bus und fahren durch eine dichtbevölkerte 
            Küstenregion nach Gonaive. Im Zentrum der großen Stadt 
            steht ein riesiges Unabhängigkeitsdenkmal, welches wir natürlich 
            besichtigen. Einige hundert Meter weiter befindet sich ein Restaurant, 
            welches von einer deutsch stämmigen Familie geleitet wird. Dessen 
            Hof, wo wir parken, ist wie eine Festung abgesichert. Hier wollen 
            wir Mittag essen. Im klimatisierten Speiseraum sind nur wenige Gäste. 
            Sie machen aber um so mehr Lärm mit einem Fernsehgerät, 
            welches die meiste Zeit Werbung sendet. Mit Hilfe von Mauricio bestellen 
            wir unser Essen a la Cart. Die Zubereitung zieht sich etwas hin aber 
            es schmeckt recht gut. 
            
 
            Dann steigen wir wieder in den Bus und fahren weiter. Nachdem wir 
            die letzten Häuser der Stadt hinter uns gelassen haben, ändert 
            sich der Straßenzustand rapide. Hatten wir bisher Asphalt mit 
            Schlaglöchern, so besteht die Straße jetzt aus Schlagloch 
            mit etwas Asphalt. Nach wenigen Kilometern ist auch vom letzten Rest 
            Straßenbelag nichts mehr zu sehen und wir fahren nur noch auf 
            dem Schotterbett mit tiefen Löchern. Jedes Fahrzeug ziehen eine 
            lange Staubfahne hinter sich her und das Grün der Büsche 
            am Rand ist von grauem Staub verdeckt. Jeder Fahrer benutzt die Straßenseite, 
            wo er meint, dass dort die wenigsten Löcher sind. Passieren kann 
            nicht viel, weil sowieso niemand schneller als 20 km/h fahren kann. 
            Nur den Autos ist das nicht besonders zuträglich. Viele haben 
            vom Steinschlag kaputte Windschutzscheiben. So werden wir auf den 
            nächsten 30 km mächtig durchgeschüttelt. Die Landschaft 
            rechts und links der "Straße" ist sehr flach und ist bis zum 
            Horizont mit Reisfeldern bedeckt. Ab und zu unterbrechen einige Hütten 
            die Eintönigkeit. Die Felder werden nur in Handarbeit mit der 
            Hacke bearbeitet. An manchen Stellen wird auch schon geerntet, natürlich 
            mit der Sichel. Vor einigen Häusern sieht man den gedroschenen 
            Reis zum Trocknen in der Sonne liegen. Ein paar Mal kommen wir an 
            einem Friedhof vorbei. Im Gegensatz zu den Hütten, die nur aus 
            Holz und Palmwedeln bestehen, sind die Gräber fest gemauerte 
            oder betonierte rechteckige Klötzer. Einige Flüsse durchziehen 
            die Ebene. Erstaunlich, dass die Brücken alle in gutem Zustand 
            sind. Allmählich wird die Straße wieder etwas besser und 
            das Gelände wird bergig. Nach einem Gebiet mit dornigen Buschwerk 
            geht die Landschaft in Wald über. Kurz nach Ennery machen wir 
            Halt an der Residenz eines Vodoo-Priesters. Die Einfriedungsmauern 
            seines Grundstückes sind mit Kult-Szenen bemalt und eine aufgezogene 
            Fahne zeigt, dass der Priester bereit ist, Hilfsbedürftige zu 
            empfangen. 
            Dann geht es richtig in die Berge und wir überwinden mehrere 
            Passhöhen. Auf der höchsten Stelle in etwa1000 m befindet 
            sich ein großer Platz, wo Markt abgehalten wird. In der Ferne 
            können wir schon das Meer, unser heutiges Ziel erkennen. Doch 
            bis dahin ist es noch weit. Auf unserer Fahrt bergab kommen wir nun 
            in der Umgebung von Plaissance durch eine relativ wohlhabende Gegend. 
            Überall sind Gemüsefelder zu sehen und die Menschen, welche die 
            Straßen bevölkern, sind alle sehr ordentlich gekleidet. 
            Besonders die Frauen haben sich richtig schick gemacht. Vielleicht 
            weil das Wochenende naht. In Limbe erleben wir eine Überraschung. 
            Unser Fahrer hält an einer relativ neuen Shell-Tankstelle, weil 
            das Benzin knapp wird. Wir vertreten uns inzwischen die Beine und 
            sehen uns im Shop der Tankstelle um. Wenn nicht die Preisschilder 
            eine fremde Währung anzeigen würden, könnte man denken, 
            man ist in Deutschland. 
            Dann erreichen wir den Stadtrand von Cap Haitien - und stehen im Stau. 
            In 30 min kommen wir kaum 200 m voran. Auf der Gegenspur sind zwei 
            Autos aneinandergestoßen. Die Fahrer stürzen aufeinander 
            und klären das mit Handgreiflichkeiten. Eine Menschentraube um 
            die beiden mischt kräftig mit. Dann haben wir endlich das Stadttor 
            erreicht, wo alle durchmüssen. Auf Seitenstraßen geht es 
            dann etwas zügiger voran. Inzwischen ist es finster geworden 
            und weil wieder mal Stromsperre ist, sehen wir fast nichts von der 
            stockdunklen Stadt. Unser Fahrer kennt sich jedoch gut aus und findet 
            mit traumwandlerischer Sicherheit den richtigen Weg. Wir fahren aus 
            der Stadt heraus und müssen noch einen Bergrücken auf unbefestigten 
            Straßen überqueren. Zum Glück ist außer uns 
            auf der serpentinenreichen Strecke fast keiner unterwegs.
            Gegen 20:30 kommen wir in dem Hafengelände 
            von Labadee an, wo der Weg endet. An der Anlegestelle steht ein Angestellter 
            mit Funkgerät und bestellt das Transferboot, welches uns zum 
            Hotel in Labadee bringen soll. Nach 20 min hören wir es tuckern 
            und aus der Dunkelheit kommt der unbeleuchtete Kahn. Der Fahrer hat 
            den Bus irgendwo in Sicherheit gebracht und wir steigen mit unserem 
            Gepäck ein. Im völlig Dunkeln findet der Bootsführer 
            den engen Durchgang durch das Riff und setzt uns sicher am Hotel ab. 
            Das besteht aus mehreren, am Steilhang liegenden Häusern, die 
            durch schmale Wege miteinander verbunden sind, aber außer dem 
            Wasserweg keinen anderen Zugang zur Zivilisation haben. Solange kein 
            Sturm ist, macht das sicher nichts. Wir beziehen inzwischen unsere 
            Zimmer, die recht ordentlich sind. Allerdings an Klimaanlage ist nur 
            die Meeresbrise da und die hat selbst nachts noch 29°C und Moskitos. 
            Nachdem wir uns erst mal geduscht haben, geht es zum Essen. In einem 
            Pavillon am Strand steht inzwischen ein Buffet für uns bereit 
            mit allem, was das Meer zu bieten hat: Hummer, Garnelen, Krebse, Muscheln 
            usw. So verwöhnt, haben wir alle Strapazen des Tages schnell 
            vergessen. Später lassen wir uns vom Rauschen des Meeres in den 
            Schlaf wiegen.